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75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durften wir auf den Spuren der Häftlinge laufen und die grausamen Bedingungen mit eigenen Augen sehen: Das Gymnasium an der Schweizer Allee war vom 20. Februar bis zum 25. Februar 2020 erstmals auf einer Gedenkstättenfahrt nach Oświęcim .
Auf dem Plan standen der Besuch der Konzentrationslager Auschwitz I und Auschwitz II Birkenau sowie ein Zeitzeugengespräch und eine Stadtführung durch das jüdische Zentrum mit Besichtigung einer Synagoge.
Donnerstag, 22.02.2020, 22:10, Lehrerparkplatz am Gymnasium an der Schweizer Allee in Aplerbeck, 43 Schüler und 4 Lehrer begeben sich auf eine Reise, die sie hoffentlich nie vergessen werden. Die geplante Fahrzeit betrug 10 Stunden. Eine Zeit, in der jeder für sich in Gedanken schwebte. Eine Zeit, in der Erwartungen, Wünsche, Ängste und viele Fragen aufkamen. Wie wird diese Fahrt auf uns wirken? Wie werden wir die Eindrücke verarbeiten? Wird uns diese Fahrt verändern? Wie soll ich dieser Fahrt entgegenblicken?
In einem Notizbuch konnten wir unsere Gedanken niederschreiben und zum Ausdruck bringen. Das erste Mal erhielten wir das Buch auf der Hinfahrt: „So unterwegs kommen bisher nicht so viele Gedanken. Ich weiß nicht, was ich erwarten kann. Ich habe eher Angst den Ort zu sehen, an den ich vor 78 Jahren gekommen wäre, weil ich ich bin[jüdisch]. Die Angst zu spüren, die dort in der Luft hängt und die tote Hoffnung von 1,1 Mio Menschen hautnah zu erleben ist furchteinflößend.“ (Katja, Q2).
Nach Ankunft in der Unterkunft und einem stärkenden Mittagessen besichtigten wir die kleine Stadt Oświęcim . Wir schauten uns eine Synagoge an, die im zweiten Weltkrieg als Waffenlager diente und bekamen in dem jüdischen Museum einen Einblick in das Leben der ehemaligen jüdischen Stadtbewohner. „Die Stadt war grau und nahezu lieblos. Die Bauart schrie nahezu nach Erneuerung und Hilfe. An vielen Stellen schlich einem ein ungutes Gefühl die Haut entlang und man konnte ein Schlucken nicht unterdrücken.“ (Tabea, Q2).
Bisher konnten wir nur kurze Blicke auf das Stammlager werfen. Wir gingen voller Ungewissheit auf den nächsten Tag schlafen. Um 8:30 Uhr am nächsten Tag befanden wir uns in der Schlange vor dem Eingang des Stammlagers. Beim Eintreten fiel uns sofort das Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ in die Augen. Das Gefühl sich wirklich dort zu befinden und nicht nur auf ein Bild in unserem Geschichtsbuch zu schauen, ging den meisten Schülern sehr nahe. Ein Guide führte uns durch Auschwitz I. Wir verbrachten mehrere Stunden dort und uns wurden Bilder vor Augen geführt, die für uns unvorstellbar waren. Die Menge an Haaren, die riesige Anzahl von Kinderschuhen, Bürsten, Töpfen, Kleidung, Brillen und die unbegreiflich lange Liste an Namen von ermordeten Menschen. Die Besichtigung des Krematoriums, der Todesmauer sowie den Blöcken. Die Einblicke im Zusammenhang mit der Geschichte dieses Ortes brachte uns eine unvergessliche Erfahrung und ein tieferes Verständnis für die damalige Zeit. „Obwohl ich bereits mehrfach Berichte über Auschwitz gesehen habe und faktisch bereits viel wusste, war ich doch sehr geschockt. Besonders die lange Liste mit den Namen und noch viel schlimmer die große Zahl deren, dessen Namen nicht bekannt sind, fand ich sehr bedrückend. Menschen wurden reduziert auf Nummern, nichts weiter.-Kurz wundervolle Lebewesen, denen alles genommen wurde, jegliche Würde, Menschlichkeit und auch ihre Geschichte, vieles ist für immer verloren. Ich weiß nicht, was ich fühle, es ist verwirrend und ich frage mich einfach nur wieso? Wie? Ich kann die Menschen auf den Bildern kaum ansehen, obwohl ich eine recht große Distanz zu den Ereignissen habe. Wie konnte man so etwas Schreckliches zulassen? Wie konnte man abends ruhig schlafen, wenn man dort arbeitete? Es gibt Fragen, auf die ich wahrscheinlich nie eine Antwort haben werde. Meine Hoffnung ist einfach, dass sich so etwas nie wiederholen wird.“ (Jonas Kl., Q2)
Nach der geführten Besichtigung konnten wir uns Auschwitz nochmal individuell ansehen. In den National- Ausstellungen verbrachten wir mehrere Stunden. Dort wurden wir unter anderem über Sichtweisen der verschiedenen Ländern informiert. Viele von uns blieben bis zum Abend.
Nach dem Abendessen sprachen wir gemeinschaftlich über unsere Eindrücke, Gefühle und Gedanken.
Am nächsten Tag, Sonntag, besuchten wir Auschwitz-Birkenau. Es regnete. Zuerst begaben wir uns in den Turm und konnten uns einen Überblick verschaffen. Da es geregnet hat, konnte man nicht bis zum Ende des Lagers schauen. Zu dem Zeitpunkt war den Meisten von uns noch nicht klar, wie unvorstellbar groß Auschwitz-Birkenau wirklich war. Wir gingen über den matschigen Boden, über den die Gefangenen vor 78 Jahren auch gegangen sind und besichtigten die Baracken, in denen die Gefangenen so großes Leid verspüren mussten, sodass es für uns heute unvorstellbar ist.
Das einzige Ziel der Nazis war es, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich umzubringen. Die Krematorien waren noch größer als im Stammlager. Diese konnten wir nicht besichtigen, da sie kurz vor Ende des Krieges gesprengt wurden, um Beweise zu vernichten. Im hinteren Teil des Lagers umgaben uns Bäume und Seen. Idyllisch könnte man denken. Nur umgab uns immer noch dieser bedrückende Stacheldraht und die Asche von Tausenden Menschen, die in den Seen lag. Wir gingen in Gedanken zurück zum Eingang. „Und wieder einmal habe ich erfahren, wie schlecht man sich vorstellen kann, was für Ausmaße die Geschichte annehmen kann. Wie ein Blick durch ein Fenster einen so schockieren kann, wird mir weiterhin ein Rätsel sein. Schockierend und beängstigend… so empfand ich die Eindrücke des KZs Auschwitz Birkenau.“ (Hendrik, Q2)
Bevor wir nach Krakau gefahren sind, verabschiedeten wir uns von Auschwitz. Dafür sind wir an den Ort gefahren, an dem die Juden in den überfüllten Wagons angekommen sind und sich auf den Weg ins Konzentrationslager machen mussten. Dort haben wir nochmal der Opfer gedacht und ihnen unseren Segen gegeben, indem wir Blumen und Steine hinterließen.
In Krakau angekommen, bereiteten wir uns schon auf das Zeitzeugengespräch vor. Die Zeitzeugin, Rena Rach, war eine Dame, die im Krakauer Getto geboren wurde und mit ihrer Mutter geflohen ist, damit sie überleben konnte. Aus Schutz musste sie sich von ihrer Mutter trennen und wurde von Adoptiveltern aufgezogen. Die Zeitzeugin war eine sehr liebenswürdige Frau, ihr in die Augen zu schauen und dabei ihrer Geschichte zu zu hören, ist vielen Schülern sehr nahe gegangen.
Nach diesem anstrengenden Tag hatten wir Zeit auf eigene Faust die Stadt Krakau zu besichtigen oder sich einfach in ein schönes Restaurant zu setzten und den Tag ausklingen zu lassen.
Am nächsten Tag, unserem letzten Tag, führte uns ein Guide durch Krakau, insbesondere durch das jüdische Viertel Kazimierz, und erzählte uns die Geschichte, die der Stadt hinterliegt. Uns wurde die polnische Kultur näher geführt, indem wir eine besonders typische Mahlzeit bekamen. Als Abschluss der Fahrt gingen wir alle zusammen in ein jüdisches Restaurant. Bei Kerzenschein und gemütlicher Atmosphäre aßen wir ein letztes Mal zusammen und hörten dabei einem jüdischen Trio bei Klezmer Musik zu.
„Nun machen wir uns auf den Weg, Krakau und dementsprechend Polen zu verlassen. Und ich muss sagen: Es war wirklich die beste Fahrt, die ich miterleben durfte. Ich bereue es auf keinen Fall mitgefahren zu sein. Es war eine Fahrt voller Emotionen, neuer Eindrücke und Erfahrungen und, wenn ich ehrlich bin, auch viel Spaß am letzten Tag. Ich werde auf jeden Fall viel mit nach Deutschland nehmen. Auschwitz hat mich wirklich auf eine Art und Weise geprägt und ich bin mit Sicherheit nicht die Einzige. Danke für diese einzigartige Möglichkeit.“ (Katrin, Q2)
Die Fahrt war ein unbeschreibliches Erlebnis für uns. Es hat uns der Geschichte nähergebracht und uns individuell erfüllt. „Diese Fahrt werde ich nie vergessen. In einer Art und Weise hat diese Fahrt mich geerdet. Sie hat mir gezeigt, dass unsere Alltagsprobleme nichts dagegen sind. Wir sollten einfach nur dankbar für jede Sekunde in unserem Leben sein und unsere Zeit mit Menschen verbringen, die wir lieben.“