Tag 4: Montag, 20.02.
Das Ende unser Gedenkstättenfahrt in Krakau. Während unsere Freunde in Dortmund und Umgebung den Rosenmontag bunt und verkleidet verbrachten, liefen wir dieses Jahr quer durch diese schöne, alte Stadt. Der Tag begann, wie üblich, mit einem ausgiebigen Frühstück.
An diesem Tag begann das Programm ausnahmsweise etwas später, daher konnten wir allesamt entspannt in diesen,
unseren letzten Tag starten. Nach der Abgabe unserer Zimmerkarten und Koffern gingen wir dann gemeinsam zum historischen Stadtkern, direkt neben einem Seitenarm der Weichsel. Viele waren erstaunt über den guten Erhalt alter Gebäude in diesem und anderen Bereichen Krakaus. Wir starteten, angekommen im Hofgarten des alten polnischen Königs, die Stadtführung. Erste Sehenswürdigkeit: Eine zum Teil Jahrhunderte alte Kirche, Stücke dieser stammen teilweise aus dem Jahr 1000 – Kunstlehrer*innen hätten sich gefreut, denn beinahe alle gängigen Baustile, so die Romanik, Gotik, Renaissance, Manierismus und der Barock, sind an dieser Kathedrale zu finden.
Weiter ging es in den imposanten Innenhof des Königspalast. Der König dieser Zeit, König Sigismund, war offenkundig an Architektur interessiert, inspiriert durch den damals modernen und neuen Baustil der Renaissance, ließ er sich ein eindrucksvolle Residenz errichten, die wir glücklicherweise, wie die Kirche selbst, heute noch bestaunen können. Weiter ging es in Richtung des alten Marktplatz, durch alte Gassen, den alten Hof Park und mit Zwischenhalt in dem Innenhof der alten Universität. Wir erfuhren, dass diese einer der ältesten in Europa ist und an dieser sogar Copernicus studierte und forschte. Auch bestehen Verbindungen zu Marie Curie, die dort aber leider vor und nach ihrem Studium abgelehnt wurde, weshalb sie weiter nach Paris zog. Daraufhin erreichten wir den Großen Marktplatz mit den Tuchhallen, alten Denkmälern und der großen Marienkirche. Dort konnten wir die wunderschöne Einrichtung und den nicht weniger schönen Altar bestaunen. Zuletzt lauschten wir beim Herausgehen dem Trompeter auf dem Kirchturm, der gemäß der Legende, abrupt stoppte.
Damit endete auch unsere Stadtführung des historischen Stadtkerns. Wir machten uns auf den Weg in Richtung Kazimierz, ein ehemalig überwiegend von Juden bewohnter Stadteil. Wir starteten diesen Rundgang mit der Besichtigung der Remuh Synagoge welche nach Moses Isserles benannt ist, eine wichtige Person des jüdischen Glaubens. Damit ist sie noch heute ein beliebtes Reiseziel von Juden und Touristen aus Allerwelt. Raus aus dieser, liefen wir vorbei an der alten Synagoge. Während wir weitere Informationen über das Judentum, die Deportationen und relevante jüdische Personen erhielten, liefen wir weiter durch die Straßen dieses jüdischen Viertels. Über den Platz einer koscheren Metzgerei, gelangten wir zur letzten Station unserer Stadtführung, in einen kleinen Innenhof, wo damals eine Szene für den Film Schindlers Liste entstand. Diesen Hof verlassen, standen wir schon vor unserem Restaurant für das Mittagessen, wo wir uns nach drei Stunden Stadtführung erstmal stärken konnten. Danach genossen wir unsere letzten Stunden Freizeit in Krakau und Polen.
Die Freizeitgestaltung sah dabei sehr verschieden aus. Unabhängig davon saßen wir später gemeinsam in einem alten jüdischen Restaurant und aßen gemeinsam Abend, bei schöner Begleitung einer kleinen Band, die für uns ein paar traditionelle und eine paar akustische Lieder zum Besten gab. Abgeholt mit dem Reisebus stiegen wir von dort aus in den Bus, um pünktlich in Dortmund anzukommen.
Tag 3: Sonntag, 19.02.
Heute, am 19.02.2023, besuchten wir Auschwitz-Birkenau. Nachdem wir gefrühstückt hatten, fuhren wir auch direkt mit dem Bus los. Die bekannte Silhouette des Eingangstores sah man vom Fenster des Busses aus und schon bei diesem Anblick wusste man, dass sich dieser Besuch in die Erinnerung einprägen wird.
Es war ein regnerischer Tag. Der Himmel war hellgrau und der Wind zeitweise recht stark. Links und rechts vom breiten Weg, auf dem wir standen, befanden sich zwei Gräben und daneben jeweils die Baracken: reihenweise gleich aussehende Baracken auf einem weitem Feld. Es wirkte sehr groß und sehr weit, bis unsere Tourguide die Zahlen der Häftlinge nannte. 500-700 Häftlinge pro Steinbaracke. Schrecklich wenig Platz.
Die Rampe, an der entschieden wurde, welche Häftlinge direkt vergast werden und welche noch Wochen leiden müssen, haben wir ebenfalls besucht. Dies war ein seltsames Gefühl. Man stellt sich die Frage „Für was hielten sich die Personen, dass die bestimmen konnten, wer lebt und wer nicht?“, aber derartige Fragen sind nicht leicht zu beantworten.
Wir fuhren heute außerdem nach Krakau, weshalb wir uns noch vom Konzentrationslager verabschieden mussten. Um dies zu tun, wurde ein Gedicht vor einem Wagen, mit dem die Häftlinge nach Auschwitz kamen, vorgetragen. Danach bekamen wir Blumen und dekorierten die Wagen damit in Erinnerung an die Opfer.
In Krakau angekommen, hielten wir ein Gespräch mit einer Zeitzeugin namens Lidia Maksymowicz. Sie erzählte, wie sie mit drei Jahren nach Auschwitz als politisch Gefangene gebracht wurde. Ihre Großeltern wurden direkt vergast, während sie zusammen mit ihrer Mutter in Baracken untergebracht wurde. Frau Maksymowicz erklärte, wie sie mit den anderen Kindern kaum essbare Mahlzeiten bekam, wie verdreckt jegliche Bettdecken waren und wie unter den Kindern absolute Apathie herrschte; es ging einfach nur ums bloße Überleben.
Ihre Wiedervereinigung mit ihrer Mutter, von der sie sehr früh getrennt wurde, wurde von der UdSSR in Form von Propaganda instrumentalisiert. Und dennoch strahlt Frau Maksymowicz Freude aus. Sie ist stark genug, um so mit ihrer Vergangenheit und fehlenden Kindheit umzugehen, was eine Sache ist, die nicht viele Opfer von Konzentrationslagern schaffen. Frau Maksymowicz ist eine Person, die vieles erlebte und dennoch das gute im Menschen sieht, was sehr bemerkenswert ist.
von Nelli
Tag 2: Samstag, 18.02.
Um 7:30 Uhr haben wir uns nach einem unfassbar guten Frühstück zu Fuß auf den Weg zum Stammlager Auschwitz 1 gemacht. Auf der ca. 2,8 km langen Strecke konnten wir nochmal die fast idyllische Stadt Oświęcim mit ihrem Fluss sehen, bevor wir uns dem Museum genähert haben. Schon ein Kilometer, bevor wir am Museumseingang eingetroffen sind, konnten wir die Wachtürme mit dem Stacheldrahtzaun und die Reihen von rot-braunen Steinhäusern sehen. Dabei konnten wir bereits erste Eindrücke von der riesigen Anlage bekommen. Und dann haben wir mit unserem Guide das Stammlager betreten. Beim Durchqueren des Tores mit der Inschrift „Arbeit macht frei“ wurde die Gruppe ganz still und hat die bedrückende Stille des Ortes auf sich wirken lassen. In den Baracken konnten wir Bilder und persönliche Gegenstände der ermordeten Gefangenen betrachten.
Am einschneidendsten waren die Berge an abgeschnittenen Haaren, aus denen Seile und Matratzenbezüge hergestellt wurden, und Schuhe, die von den in der Gaskammer Ermordeten genommen wurden. Besonders emotional wurde es, als wir die Schuhe von kleinen Kindern sahen. Es fällt allen schwer, die systematische Vernichtung von Völkergruppen nachzuvollziehen, doch dass dies auch so viele Kinder einschließt, war vielen von uns nicht bewusst.
Für mich war es zutiefst verstörend, aber es hat auch Hoffnung geschenkt, Zeichnungen von Kindern aus dem Lager und den Ghettos auf den Wänden zu sehen. Es ist gar nicht vorstellbar, dass Kinder in einem so jungen Alter an Bilder wie Panzer, Deportationszüge und Galgen gewöhnt sind, auf der anderen Seite spiegeln Liebesgrüße an die Mutter, Blumenwiesen und spielende Kinder die Hoffnung wieder, die den Gefangenen bis zuletzt geblieben ist.
Zuletzt konnten wir einen beklemmenden ersten Eindruck von der Gaskammer und dem Krematorium auf dem Gelände von Auschwitz 1 gewinnen.
Nach dem Mittagessen hatten wir nochmal die Möglichkeit, in Ruhe einzelne Gebäude und Nationalausstellungen zu besichtigen, wobei man nochmal erschreckende Bilder und Geschichten von einzelnen Personen sehen konnte, aber auch, wie unterschiedliche Nationen den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust betrachten.
Für uns bedeutete dieser Tag überwältigende und bedrückende Eindrücke, aber auch einen Tag, an dem wir uns mit unserer Geschichte befasst haben und noch einmal begreifen konnten, wie wichtig unsere Toleranz und Menschlichkeit ist.
von Vanja
Tag 1: Freitag, 17.02.
Die Fahrt nach Polen haben wir am 16.02.2023 um 22:30 Uhr angetreten. Wir waren ungefähr 12 Stunden unterwegs und da hatte man natürlich genauso wie im Vorfeld Zeit, über die bevorstehende Fahrt nach zu denken. Ich habe dabei eher subtile Ängste und Sorgen, aber eine Vorahnung, dass diese Fahrt definitiv sehr prägend sein wird. In der Schule spricht man eher faktisch über den Holocaust: Erklärungsversuche etc., aber ich denke, das verschleiert das ganze Ausmaß des Holocausts eher. Gerade deswegen finde ich es sehr wichtig, dass wir jetzt die persönlichere/emotionale Seite kennenlernen.
Heute haben wir eine Stadtführung durch Oświecim gemacht, ein Museum und eine Synagoge besucht. Dabei wurde uns von vielen Schicksalen berichtet. So wie zum Beispiel vom „letzten Juden von Oświecim“. Szymon Kluger hatte acht Geschwister, seine Eltern und sechs seiner Geschwister haben den Holocaust nicht überlebt. Er blieb als einziger in Oświecim, während seine beiden Geschwister in die USA zogen.
Eine andere Geschichte, die mich sehr berührt hat, war die von Franciska Henryka Haberfeld. Sie wurde im Alter von fünf Jahren in einem KZ ermordet. Für sie wurde der einzige Stolperstein in Oświecim verlegt.
Generell hat die Stadt, wenn man das Konzentrationslager selbst nicht betrachtet, eine gewisse Ausstrahlung. Auch wenn hier ganz normale Wohnhäuser stehen, weiß man, dass dort Juden gelebt haben, die im Zuge des Holocausts ermordet wurden. Die Stadt wirkt ein wenig kühl und bedrohlich, auch wenn dies natürlich nur daran liegt, dass man weiss, was vorgefallen ist. Von tausenden Juden haben nur eine Handvoll den Holocaust überlebt. Es gab 20 Synagogen und jetzt nur noch eine. Diese steht auch nur noch, weil sich das jüdische Ausschwitz- Komitee dafür eingesetzt hat.
Selbst 78 Jahre nach dem Ende des Holocaust ist vieles von der jüdischen Kultur verschwunden, wie zum Beispiel der ursprüngliche jüdische Friedhof. Denn trotz aller Reparatur- und Wiederaufbaumaßnahmen ist der Holocaust und dessen Folgen irreversibel. Dennoch gibt es Menschen, die sich seit Jahrzehnten dafür einsetzen, dass dem Holocaust erinnert wird und weitere verhindert werden und genau diese Menschen lassen auch hoffen, dass diese schreckliche Taten nicht vergessen werden und sich nicht wiederholen.
von Sarah