Die DoTour für Respekt und die dazugehörigen Veranstaltungen am GadSA

Zum sechsten Mal erkunden im September 2019 Schüler/innen unseres neunten Jahrgangs an zwei Tagen Dortmund mit dem Fahrrad. Die Emscherschule und die Albrecht–Dürer–Realschule lassen interessierte Schüler/innen teilnehmen. Wir suchen Mahnmale und Erinnerungsorte der Ermordeten und der Widerständler von 1933 bis 1945 und des NSU auf. Es wird gemeinsam im Fritz – Henßler – Haus gefeiert, übernachtet, zu Abend gegessen und gefrühstückt.
Die wirklich umfassende Organisation im Vorfeld der „DoTour für Respekt“ wird von Peter Gehrmann und Heike Stäwen (JFZ Aplerbeck) geleistet. Sie pflegen auch das notwendige große Netzwerk und tragen für die eingebrachten Sponsorenleistungen und die anderweitige Finanzierung Sorge.
2014 startete die „DoTour für Respekt“ als solitäre Veranstaltung. Schnell war uns klar, dass die „DoTour für Respekt“ nicht als eine einsame Insel in der Weite des jugendlichen Erlebens existieren darf und kann. Uns geht es um Nachhaltigkeit und Erlebnis, die zur Meinungs- und Identitätsbildung beitragen.
So kommt uns der jährliche Tag des Friedens, am 12.04. jeden Jahres zupass.
Vor dem Friedensfest werden alle 37 Stolpersteine in Aplerbeck gereinigt, dabei setzen sich die Schüler/innen mit der Biografie der Ermordeten auseinander.
Im November kommen Zeitzeugen aus den Niederlanden. Bei den Vorträgen der Zeitzeugen sind die Teilnehmenden immer sehr interessiert, konzentriert und einfühlsam. Die Gäste zeigen deutlich auf, dass das kleine Holland von der Deutschen Wehrmacht besetzt war. Es wird deutlich gemacht, dass es auch Unterstützung der Nazis von Niederländern gab. Sie dokumentieren aber auch, welchen Widerstand und welche Untergrundbewegung es dort gegeben hat. Sie lehren unsere Schüler/innen, was es heißt, Zivilcourage zu haben.
Im Juni, zum Abschluss des Schuljahres fahren wir dann gemeinsam entweder nach Aalten oder nach Westerbork in die Niederlande. Im „Untertauchermuseum“ in Aalten, wird mehr der Widerstand und die Hilfsmaßnahmen für, wegen ihrer politischen Einstellung, ihrer Religion oder ihrer „Zugehörigkeit zu einer falsche Rasse“ verfolgten, Menschen aufbereitet. In Westerbork geht es um Deportation, Konzentrationslager und Widerstand.
Viele unserer Teilnehmer/innen engagieren sich in der Folge in unseren AGs „Courage und Antirassismus und Antidiskriminierung“. Hier werden gezielt Projekte durchgeführt, die wieder andere Schüler/innen erreichen (Genderday, Homophobie – Aktionswoche, Erfahrungen von Nazi – Gegnern, Workshops zu Courage, „woran erkenne ich die neuen Nazis“ und die Patenschaft für einen Aplerbecker Widerstandskämpfer, der an den letzten Kriegstagen von der Gestapo ermordet wurde, wie über 150 andere Männer und Frauen in Dortmund). Hier halten Schüler/innen von uns einen Fünfminutenvortrag an Karfreitag am Mahnmal in der Bittermark vor 1000 bis 3500 Menschen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Russland, Israel und anderen Staaten.
Wir arbeiten bewusst in einem sich erweiternden Netzwerk, das mittlerweile Pfadfinder, Gemeinden, das internationale Rombergpark – Komitee, das Jugendamt, den Jugendring, die Organisationen der beiden Museen in den Niederlanden, die Bezirksvertretung Aplerbeck, LWL-Klinik Dortmund, den Jugendhilfeausschuss des Rates, den BvB –Fanclub Heinrich Cerkus, Naturfreunde und viele Menschen aus Dortmund umfasst.
Hier sei auch noch die sehr gute Zusammenarbeit mit der lokalen Presse genannt und auch der neugegründete „Freundeskreis der DoTour für Respekt“.
Warum die Dotour?
In der Landesverfassung und im Schulgesetz geht es um die Erziehung der Jugend „im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit“. Dieses Verständnis von Bildung und Erziehung stärkt die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Identität in ihrer sozialen oder kulturellen Gruppe, indem sie ihr historisches Bewusstsein und ihr Verständnis für komplexe gesellschaftliche Prozesse und Zusammenhänge schärfen und in Beziehung zu den Identitäten anderer Gruppen setzt. Die Pflege von Erinnerungskulturen soll also Kinder und Jugendliche befähigen, die Komplexität unserer Welt mit ihren zahlreichen Problemen und den ihr zugewiesenen unterschiedlichen Sichtweisen und Interpretationen als durch eigenes Tun gestaltbar und veränderbar zu begreifen. Sie soll dazu beitragen, „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu ächten. Sie integriert Zeiten und Orte der Missachtung von Freiheit und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in das Engagement für eine tolerante und Verschiedenheit respektierende Gesellschaft.
Der Umgang mit Erinnerungskulturen braucht nachhaltige Reflexion, im Sinne einer eingehenden Beschäftigung mit der Sache, aber auch in Form einer „reflexiven Erinnerungskultur“, die jeden Menschen, der sich erinnert oder mit den Erinnerungen anderer befasst, mit sich selbst und seinem Erinnerungs- und Geschichtsverständnis konfrontiert. Zu dieser Konfrontation gehört für junge Menschen die gleichzeitige und gleichwertige Entwicklung von Empathie und Distanz gegenüber den eigenen Gefühlen und Interpretationen ebenso wie die Einbeziehung der möglichen Sichtweisen von Eltern und Großeltern. Über die Pflege von Erinnerungskulturen begegnen Schüler/innen vielen fertigen Berichten, Dokumentationen und Geschichten, beispielsweise von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die auch durchaus einander widersprechen. „Reflexiv“ wird das kollektive Erinnern, wenn es den Blick nicht nur in die Vergangenheit richtet, sondern deren mögliche Bedeutungen für Gegenwart und Zukunft erschließt. Wann immer Vergangenes bedeutsam bleibt, dient dies den lebenden, nicht den vergangenen Generationen.
Als eine Kernkompetenz von Erinnerungskultur nennen wir die Gestaltungskompetenz. Gestaltungskompetenz greift die Komplexität und Vielfalt unserer Welt auf. Sie konkretisiert die vier Kernkompetenzen der Kernlehrpläne, Sach-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenz, durch den nachhaltigen und an den Werten der Menschlichkeit, der Demokratie und der Vielfalt orientierten Umgang mit zugänglichem oder ggf. noch zu erschließendem historischem Material. Der Erwerb von Gestaltungskompetenz bewirkt, dass Schüler/innen das, was sie im naturwissenschaftlichen oder politischen Unterricht über Nachhaltigkeit und Demokratie lernen, in lokale und globale Zusammenhänge einordnen und auf das im Geschichtsunterricht erworbene Fachwissen beziehen, denn Kinder und Jugendliche machen auch außerhalb des Unterrichts, beispielsweise in einem außerunterrichtlichen Ganztagsangebot, in einer Jugendgruppe, beim Besuch eines Theaters oder einer Gedenkstätte oder aus den Medien und letztlich soweit möglich in Gesprächen mit Eltern und Großeltern und auch bei „Fridays for Future“, bedeutsame Erfahrungen.

Schulsozialarbeiter, Notfallteam